BR Südost-Rügen

Das Biosphärenreservat umfasst das südöstliche Rügen mit den Teilgebieten Granitz, Mönchgut, Umgebung von Putbus, Insel Vilm und dem nördlichen Teil des Rügischen Boddens.

Südost-Rügen erhielt seine heutige Landschaftsform als Folge der letzten Gletschervorstöße der Weichselkaltzeit, die vor rund 10.000 bis 12.000 Jahren stattfanden. Nach dem anschließenden Abschmelzen der Gletscher und dem Einbruch von Meerwasser in das Ostseebecken wurden tiefliegende Bereiche der nacheiszeitlichen Landschaft überflutet, die Höhenzüge der eiszeitlichen Endmoränen bildeten zeitweise einen Archipel einzelner Inseln. In der Folgezeit kam es durch die Wirkung von Wind und Meeresströmungen zu Küstenausgleichsprozessen, die zur Bildung von Haken und Nehrungen zwischen den ehemaligen Inselkernen führten. Baaber Heide und die Zickerniß-Niederung mit Großem Strand sind typische Nehrungen innerhalb des Biosphärenreservates. Im Schutze der Nehrungssysteme konnten sich von der offenen Ostsee weitgehend getrennte Seegewässer bilden, die als Bodden bezeichnet werden.

Die Zeugnisse menschlicher Siedlung und Kultur reichen von den Großsteingräbern der Jungsteinzeit über die bronzezeitlichen Hügelgräber, die slawischen Burgwälle, die mittelalterlichen Kirchen und Dorfstrukturen, den Klassizismus und die Bäderarchitektur bis in die Moderne. Hervorzuheben ist das Erbe des Fürsten Wilhelm Malte I. zu Putbus, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit seiner Residenzstadt Putbus einen Höhepunkt des norddeutschen Schinkel-Klassizismus schuf und weite Teile der Rügenschen Landschaft mit einer Kombination aus hohem ästhetischem Anspruch und wirtschaftlichem Aufschwung zu einem Vorläufer des heutigen Biosphärenreservats machte.
Seit mehr als 5.000 Jahren tritt der Mensch als maßgeblicher Akteur bei der Gestaltung der Landschaft in Erscheinung. Im Biosphärenreservat Südost-Rügen finden sich Zeugnisse verschiedener Siedlungsepochen. Das Spektrum reicht von den Bodendenkmälern aus frühgeschichtlicher Zeit über slawische Ortsnamen, Spuren der Zisterziensermönche, romantische Dorfkirchen, feudale Herrenhäuser, klassizistische Prachtbauten bis zur strahlend weißen Bäderarchitektur.
Vor allem aber die Landwirtschaftspolitik der DDR hatte zur Folge, dass viele wertvolle Biotope unwiederbringlich zerstört wurden. Feuchtwiesen sind durch Melioration und Düngung in Intensivgrünland umgewandelt worden, Hecken, Feldgehölze und Sölle fielen der Flurbereinigung zum Opfer.

Im Biosphärenreservat Südost-Rügen nimmt der Lebensraum Flachwasser mit Seegraswiesen auf den sandigen Flächen und Tangwäldern auf Steingründen, sowie Schlicken im Ruhigwasser geschützter Buchten mit über 50 % Wasserfläche den größten Flächenanteil ein. Daneben haben verschieden ausgeprägte Küstenbiotope eine herausragende Bedeutung. Die Küsten des Biosphärenreservates werden auch aktuell von Abtragung, Materialtransport und Ablagerung bestimmt. An steil aufragenden Ge¬schiebemergelkliffs entstehen Brandungskehlen, die überhängenden Sedimentpa¬kete rutschen mitsamt der darauf wachsenden Vegetation ab und werden bei Hoch¬wasser aufgearbeitet. Zurück bleiben Blockstrände mit riesigen Findlingen und gro¬bem Strandgeröll. Oberhalb der Steilufer werden Kliffranddünen abgelagert. Küstenlängsströmungen der Ostsee transportieren feinen Seesand in den Anlandungsbereich der Flachküsten und lagern ihn dort ab, in der Folge entstehen Haken und Nehrungen. Die seeseitigen Flachküsten sind Sandstrände, denen landwärts waldbestandene Dünen oder Niedermoore folgen. Auch die boddenseitige Küste besteht teils aus Steilufern und teils aus Flachküsten. An den Flachküstenabschnitten kommen vielfach Schilfröhrichte vor, in einzelnen Bereichen sind Salzweiden ausgebildet. Knapp 25 % der Landfläche des Biosphärenreservates ist von Wäldern der unterschiedlichsten Ausprägung bedeckt. Auf den pleistozänen Inselkernen, insbesondere im Bereich der Granitz sind Buchenwälder verschiedener Ausprägung ausgebildet. Daneben finden sich Reste der einstigen gehölzreichen Bauernwälder, die einen erhöhten Anteil an Wildost-Arten aufweisen und in der Vergangenheit als Niederwald bewirtschaftet wurden. Auf den holozänen Meeressandebenen und Dünen herrscht die Kiefer vor. Die Bodenvegetation besteht aus Heidekraut, Strauchflechten und Silbergras. Moore nehmen ca. 15 % der Landfläche des Biosphärenreservates ein. Die meisten für Nordostdeutschland beschriebenen hydrologisch-entwicklungsgeschichtlichen Moortypen sind vertreten. In Abhängigkeit von Trophie und Bodenwasserverhältnissen treten auf diesen Mooren Vegetationsformen der oligotrophen Armmoore, mesotrophen Zwischenmoore und eutrophen Reichmoore auf. Kleine Kesselmoore kennzeichnen das pleistozäne Hochland der Granitz, Quell- und Durchströmungsmoore treten vor allem an den Flanken der Inselkerne Mönchguts auf. An den Rändern der Bodden und Seen konnten sich Küstenüberflutungs- und Verlandungsmoore ausbilden, teilweise finden sich Versumpfungsmoore in den Riegen der holozänen Strandwallfächer. Die Durchströmungs- und Küstenüberflutungsmoore sind von Natur aus waldfreie Lebensräume. Die torfbildenden Vegetationsformen dieser Niedermoore sind infolge der nahezu flächendeckenden Meliorationen und Eindeichungen jedoch fast vollständig verschwunden. Auch nutzungsbedingte Großseggenriede, Pfeifengraswiesen, Borstgrasrasen und Salzbinsenrasen sind nur noch in kleinen Resten vorhanden. Mehrheitlich tragen die entwässerten Moore heute eine Sekundärvegetation. Extensivierungsprozesse haben in jüngerer Vergangenheit zur Ausbildung artenreicher Wiesen und Mähweiden, extensiven Feucht- und Nassgrünlandes, von Salzwiesen aber auch degradierten Saatgraslandes und Flutrasen geführt. Natürlich entstandene Mager- und Trockenrasen sind an Küsten, auf Dünen oder jungen Nehrungen ausgebildet. Die Mehrzahl der derzeit im Biosphärenreservat vorhandenen Heiden, Trocken- und Magerrasen ist jedoch sekundär entstanden. Zur Erhaltung dieser wertvollen Vegetationsformen bedarf es einer ständigen, extensiven Bewirtschaftung durch den Menschen. Insbesondere in der ausgeprägten Moränenlandschaft des Mönchgutes finden sich aufgrund der nährstoffarmen, wasserdurchlässigen Standorte Trockenbiotope in mannigfaltiger und artenreicher Ausprägung, wie z.B. der Kalk-Halbtrockenrasen. Außerhalb der Kern- und Pflegezone nehmen intensiv genutzte Äcker und nährstoffreiche Ackerbrachen große Flächenanteile (ca. 30 %) ein. Innerhalb dieser oft großen Ackerschläge treten Ackersölle auf, die vielfach vernässt sind und eine typische Feuchtevegetation aufweisen. Die in der ostrügenschen Moränenlandschaft zahlreich vorkommenden Moränenkup¬pen wurden in der Vergangenheit überwiegend beackert. Die Erträge auf diesen nährstoffarmen und sandigen Böden waren jedoch so gering, dass die Standorte aus der Ackernutzung entlassen wurden. Je nach der Dauer der Auflassung haben sich auf diesen Kuppen inzwischen überwiegend als Bauernwälder genutzte Zwischenwälder entwickelt. Teilweise tragen die Standorte Sukzessionsstadien von typischen Pionierfluren bis hin zu nutzungsbedingten Vor- und Zwischenwäldern. Häufig handelt es sich um strukturreiche „Magerrasen-Gehölz-Komplexe“. Die recht dichte Besiedlung des Biosphärenreservates zeigt sich in dem hohen Anteil von fast 30 % Siedlungsfläche bezogen auf den Landanteil des Schutzgebietes.

Über die Tierwelt Südost-Rügens ist im Vergleich zur Pflanzenwelt wenig bekannt. Einzelarbeiten weisen aber auf verschiedene Rote-Liste-Arten hin, insbesondere aus der Klasse der Insekten. Besonders die Trockenrasen Südost-Rügens sind Lebensraum für eine Reihe wärmeliebender Insektenarten, wie z.B. Pelz-, Furchen- und Kegelbiene, Gold- und Faltenwespe. Von Bedeutung sind die breiten Schilfgürtel an den Boddengewässern, die hervorragende Brutreviere für Wasservögel darstellen. Südost-Rügen hat große Bedeutung als Rast- und Brutrevier für Zugvögel. Hauptsächlich sind es verschiedene Gänsearten (Grau-, Saat- und Bläßgänse), die im Herbst zu Tausenden in den Buchten rund um die Insel Vilm übernachten und zur Nahrungsaufnahme auf die Äcker kommen. Von großer Bedeutung sind weiter die Seegras-, Rot- und Grünalgenbestände in den küstennahen Bereichen des Greifswalder Boddens. Sie sind das größte Laichgebiet der Ostseeheringe. Alljährlich zieht der „Rügensche Frühjahrshering“ in großen Schwärmen aus allen Teilen der Ostsee und aus angrenzenden Bereichen der Nordsee zum Laichen in den Greifswalder Bodden. Er ist der wichtigste „Brotfisch“ der hiesigen Fischer.
Das Biosphärenreservat zeichnet sich durch eine vielfältig differenzierte Vegetation aus. Die Granitz ist das größte zusammenhängende Waldgebiet des Biosphärenreservates. Bis in das frühe Mittelalter hinein dominierte hier noch ein Ulmen-Linden-Eichenmischwald. Dann gelangte die Buche zur Vorherrschaft. Die Steilhangbuchenwälder der Außenküste gehören zu den artenreichsten Waldgesellschaften des Norddeutschen Tieflandes. In den luftfeuchten Uferschluchten gedeihen Berg-Ahorn und Wald-Schwingel. An den wenigen Stellen, wo die steilen Kliffs inaktiv sind, bilden Alpen-Johannisbeere, Heckenkirsche, Hartriegel und Sal-Weide die Strauchschicht. In der Krautschicht wachsen Leberblümchen, Buschwindröschen, Schlüsselblume, Maiglöckchen, Frühlings-Platterbse und Waldmeister.
Neben Wäldern prägen Weiderasen das Bild der Landschaft. Neben weiteren bemerkenswerten Trockenrasen stellt das Zickersche Höftland die großartigste Hutelandschaft des gesamten Küstenraumes dar. Niederschlagsarmut, Nährstoffmangel und die Beweidung durch Schafe ließen Vegetationsformen von einzigartiger Vielfalt entstehen. Charakteristische Pflanzen sind eine Reihe wärmeliebender Arten, wie beispielsweise Dost, Weiße Schwalbenwurz oder Großer Ehrenpreis.
Die boddenseitigen Salzwiesen werden im Unterschied zu den Salzwiesen des Wattenmeeres höchsten 4 bis 5 mal pro Jahr überflutet, wenn Stürme vorübergehend starke Schwankungen des Ostseespiegels verursachen. Die Salzwiesen sind Lebensraum für salztolerante Pflanzenarten, wie beispielsweise Strand-Grasnelke, Salzaster, Meerstrand-Dreizack und Queller. Daneben findet man Milchkraut, Strand-Wegerich und Meersenf. Leider haben sie infolge Eindeichung zum großen Teil ihren durch Überflutung mit Salzwasser entstandenen Charakter verloren. Der Verschilfung der Salzweisen in den Deichvorländern wird inzwischen vereinzelt durch Beweidung mit Rindern, wozu der Abschluss eines Nutzungsvertrages notwendig ist, entgegen gewirkt.
Landschaftsbestimmend ist auch die Strand- und Dünenvegetation, die fast nur noch hier ihre ursprüngliche Artenvielfalt aufweist.
Moore sind auf Südost-Rügen weniger verbreitet. Zwischen den bewaldeten Hügeln der Granitz liegt die „Große Wiese“. Sie ist ein Kesselmoor mit 9 m mächtigen Torfablagerungen und torfbildender Pflanzendecke. Torfmoose und Schmalblättriges Wollgras dominieren auf der Oberfläche. Daneben kommen Sonnentau, Moosbeere, Scheidiges Wollgras und Sumpfporst vor.
Trotz der Umwandlung von Feuchtwiesen in Intensivgrünland zur Zeiten des Bestehens der DDR haben sich auf Südost-Rügen eine Reihe bedrohter und im Bestand gefährdeter Arten erhalten, die anderswo in Deutschland bereits verschwunden sind, wie z.B. Hain-Wachtelweizen, Geflecktes Ferkelkraut, Sumpf-Blutauge, Wiesen-Schlüsselblume, Körnchen-Steinbrech und andere.

Die Entwicklungsziele des Geibetes bestehen im Erhalt von Biodiversität und Umsetzung von „NATURA 2000“, namentlich der Durchführung von Vertragsnaturschutz, der Durchführung von Renaturierungsprojekten, der Durchführung von Arten- und Biotopschutz, der Regionalisierung von Landwirtschaft und Fischerei sowie der Umweltbildung.

Im Gebiet werden geführte Wanderungen und Rangertouren angeboten. Zu den Wahrzeichen des Biosphärenreservats gehört auch die Rügensche Kleinbahn “Rasender Roland” als traditionsreiches Verkehrsmittel und Kulturdenkmal.

Untergebiete

In diesem Großschutzgebiet besitzt die Stiftung Eigentumsflächen in folgenden Untergebieten:

 

 

Quelle: Biosphärenreservatsamt Südost-Rügen

Stiftung Umwelt- und Naturschutz MV

Mecklenburgstraße 7
19053 Schwerin

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