NSG Nebel

Die Nebel gilt als einer der saubersten Flüsse Deutschlands. Hier kommen noch sensible Arten wie Bachmuschel und Steinbeißer vor, in den Mooren und Niederungen des Flusstals leben über 130 Schmetterlingsarten.

Das Schutzgebiet umfasst einen etwa 18 km langen Abschnitt des Nebeltales (Fließlänge ca. 23 km) zwischen dem Krakower See bei Serrahn und Güstrow-Klueß. Es liegt in Höhen von 10 – 67 m NN und gehört zur Landschaftseinheit „Flach- und Hügelland um Warnow und Recknitz“.

Die Nebel fließt in einem Naturraum, der sein Gepräge im Wesentlichen durch den Pommerschen Eisvorstoß der Weichselkaltzeit erhalten hat. Aus dem Serrahner Teil des Krakower Sees tritt der Fluss nordostwärts aus und durchbricht die Satzendmoräne der Pommerschen Haupteisrandlage. In dem sich anschließenden Talbereich verläuft die Nebel in ehemaligen Schmelzwasserrinnen, die einzelne, heute teilweise tief vermoorte Becken miteinander verbinden. Bei Koppelow tritt die Nebel in das mit feinen Sanden gefüllte Hoppenrader Becken ein. Ab Kirch-Rosin schlängelt sich der Fluss bis zur nördlichen Begrenzung des Naturschutzgebietes bei Klueß durch ein breites Talmoor. Das Gefälle der Nebel ist für Tieflandverhältnisse enorm; die Höhe der Talsohle verringert sich von 47,5 m NN im Auslauf aus dem Krakower See auf 9,2 m NN bei Klueß. Das Einzugsgebiet der Nebel umfasst am nördlichen Rand des Schutzgebietes ca. 242 km2. Die Nebel mündet bei Bützow in die Warnow. Im Bereich des Naturschutzgebietes existieren noch Stauwehre am Auslauf aus dem Krakower See, in Kuchelmiß (Wassermühle Kuchelmiß) und in Kölln, die inzwischen alle mit Fischaufstiegshilfen versehen wurden. Der Flusslauf der Nebel wurde vor den Wehren im Seeauslauf des Krakower Sees und in Kölln sowie im Hoppenradener Becken und oberhalb von Klueß z. T. auf längeren Strecken begradigt und eingetieft.

Im Durchbruchstal der Nebel bei Serrahn legten Mönche Fischteiche an, die über die Jahrhunderte erhalten blieben und deren Nutzung zu DDR-Zeiten intensiviert wurde. Die Wasserkraftnutzung durch Mühlen spielte an der Nebel über Jahrhunderte hinweg eine wichtige Rolle (z. B. Wassermühle Kuchelmiß). Zeitweilig waren bis zu vier Wassermühlen im Bereich des heutigen Schutzgebietes in Betrieb. Die zum Teil tiefgründigen Niedermoore wurden frühzeitig für die Torf- und Raseneisenstein- Gewinnung genutzt. Im 18. Jahrhundert wurde nach der WIEBEKINGSCHEN KARTE von 1786 auf den mineralischen Standorten fast ausschließlich Acker- und Forstwirtschaft betrieben, während die Moorstandorte in den Becken als Wiesen oder Weiden bewirtschaftet wurden. Heute werden die Grünlandflächen im Nebeltal zumeist extensiv als Standweiden genutzt, während grundwassernähere Standorte aufgelassen wurden.

Insbesondere im Bereich des Durchbruchstales und der Engstellen zwischen den Becken treten an höhere Fließgeschwindigkeiten angepasste Vegetationsformen der Fließgewässer auf, wie submerse Ausbildungen der Berlenflur oder der Großlaichkraut-Tauchflur. Auffällig ist hier die als Besiedler sauberer, schnell fließender und sauerstoffreicher Gewässer geltende Süßwasser-Rotalge Hildenbrandia rivularis und das in Mecklenburg-Vorpommern sehr seltene Glanz-Laichkraut. In strömungsberuhigten Abschnitten treten artenreiche Ausprägungen der Seerosen-Schwimmblattdecken sowie Wasserstern-Schwimmfluren, Wasserpest-Tauchfluren u. a. auf. Amphibische Säume werden von Bach- bzw. Wasserröhrichten und -rieden besiedelt. Die mineralischen Standorte des Tales zwischen Krakower See und Kirch-Rosin sind überwiegend bewaldet. Neben stärker forstlich überformten Abschnitten treten auch weitgehend ungenutzte Laubwälder auf. Erwähnenswert sind Ausprägungen mit Stiel-Eichen und Hainbuchen im Bereich des Durchbruchstales und der Engstellen zwischen den Becken. Teilweise handelt es sich um Hainbuchen-Bergulmen- Hangwälder und Ahorn-Eschen-Schluchtwälder. In den ackerbaulich stärker genutzten Moränengebieten zwischen Kölln und Ahrenshagen sind die Gehölze häufig nur als schmaler Saum am Talrand ausgebildet. Die vermoorten Niederungen des Schutzgebietes werden größtenteils von ausgedehnten Bruchwäldern wie Walzenseggen-, Schwertlilien- und Großseggen-Erlenbruchwäldern eingenommen. Auf quelligen Standorten kommen Schaumkraut-Erlenbruchwälder sowie Erlen-Eschenwälder vor. An wenigen Stellen des Tales blieben waldfreie Quellmoore mit weitgehend intaktem Wasserhaushalt erhalten, z. B. nördlich Kirch-Rosin und bei Ahrenshagen. Charakteristisch sind hier die Vorkommen von Rispen-, Steif-, Blasen-, Schwarzschopf- und Fadenseggenrieden. Kleinflächig sind auf mesotrophen Durchströmungsmoorstandorten (z. B. bei Kirch Rosin) Torfmoos-Birken-Erlenbruchwälder entwickelt. Gehölzfreie Durchströmungsmoorstandorte der Becken werden von Röhrichten und Rieden besiedelt, infolge von Entwässerung und Eutrophierung treten weit verbreitet Brennnessel-Schilfröhrichte auf. Bereichsweise stocken Brennnessel-Erlenwälder auf den entwässerten Moorstandorten. Nördlich von Kirch Rosin existieren Reste der Vegetation der ursprünglich mesotrophen Kalk-Zwischenmoore mit Arten wie der Stumpfblütigen Binse. Brustwurz-Kohldistel-Feuchtwiesen treten in Kombination mit Rasenseggenrieden noch relativ häufig auf. Am Südostrand des Schutzgebietes bei Kuchelmiß sind Ausprägungen der in Mecklenburg-Vorpommern selten gewordenen Schlangenknöterich- Kohldistel-Feuchtwiese vorhanden. Standgewässer unterschiedlichen Verlandungsgrades spielen im Naturschutzgebiet nur eine untergeordnete Rolle. Besondere Bedeutung besitzen der von Feuchtwäldern umgebene Lüdershagener See und die Torfstiche bei Klueß. Sie weisen neben seltenen und gefährdeten Arten Massenbestände der Krebsschere auf. Trockenund Magerrasenstandorte sind nur lokal auf mineralischen Hügelkuppen und aufgelassenen Ackerflächen vorhanden. Neben temporären Pionierfluren auf Ackerbrachen treten lokal Ausbildungen von Grasnelken- und Heidenelken-Schafschwingelrasen auf. Bemerkenswert sind Vorkommen der Pracht-Nelke nördlich Kirch Rosin und des Gemeinen Sonnenröschens auf der Lehmkuppe Ahrenshagen. Die Durchbruchstäler bei Kuchelmiß und Koppelow bilden mit ihren gefälleund strukturreichen Fließstrecken einen speziellen Lebensraum für viele ökologisch sensible Arten. Rheophile Elemente des Makrozoobenthos sowie Hydropsyche siltalai, Rhyacophila fasciata, Sericostoma personatum und Ancylus fluviatilis prägen das Faunenspektrum. Hinzu kommen reproduzierende Bestände der Bachmuschel, die ansonsten in Deutschland weitgehend ausgestorben, gefährdet oder überaltert sind. Auch die sehr häufig im Durchbruchstal bei Kuchelmiß vorkommende Köcherfliegenart Chimarra marginata gilt in vielen Bundesländern als verschollen oder ausgestorben und wurde in der Nebel erstmalig für Mecklenburg-Vorpommern nachgewiesen. Im Bereich der vermoorten Becken finden sich in der Nebel vorwiegend eurytope Faunenelemente, von denen bei den Köcherfliegen besonders Anabolia nervosa, Limnephilus lunatus und Halesus radiatus sowie bei Vorhandensein einer Sandsohle Chaetopteryx villosa und Potamophylax latipennis zu nennen sind. Für die Niederungen des Schutzgebietes konnten bisher über 130 Schmetterlingsarten nachgewiesen werden, darunter ca. stenotope 25 Arten. Charakterarten des Bruchwaldes sind z. B. Hydrelia flammeolaria, Ennomos alniaria, Alcis repandata, Aethalura punctulata, Pelosia muscerda, Drepana curvatula und Ochropacha duplaris. Die Schilfgebiete und Riede beheimaten z. B. Nonagria typhae, Rhizedra lutosa, Arenostola phragmitidis, Chortodes pygmina, Archanara geminipuncta, Mythimna obsoleta, Phragmataecia castaneae. Auffällige Vertreter der Avifauna in den Durchbruchstälern sind vor allem der an Steilhängen und Uferabbrüchen brütende Eisvogel und die im Winter unter Wasser Nahrung suchende Wasseramsel. Typisch für die Bruchwälder im Nebeltal sind Sprosser, Grünspecht, Kleinspecht, Schlagschwirl, Waldwasserläufer, Pirol und Trauerschnäpper. Bekassine, Schilfrohrsänger sowie Grauammer besiedeln hingegen Schilfgebiete. Der Fischotter ist an der gesamten Nebel regelmäßig zu beobachten. Bei Klueß wurde früher in wasserpflanzenreichen Altarmen die Sumpfschildkröte nachgewiesen. Die Nebel ist auf Grund ihres vielfältigen Nischengefüges relativ fischartenreich. So finden hier beispielsweise Steinbeißer, Quappe, Schmerle sowie Bachforelle und Elritze geeignete Lebens- und Vermehrungsräume. Auch das Bachneunauge ist in der Nebel beheimatet.

Der Zustand des Gebietes ist gut. Das Durchbruchstal zwischen Serrahn und Kuchelmiß und die Engstellen zwischen den Becken haben bis heute ihre natürliche Dynamik weitgehend erhalten. Von besonderer Bedeutung sind die hier noch vorkommenden reproduzierenden Bestände der Bachmuschel. Dagegen führten in den dazwischen liegenden Talbereichen sowie im Nordteil des Gebietes Gewässerausbaumaßnahmen, die tiefgründige Entwässerung der Niedermoorstandorte im Talraum (insbesondere bei Kölln und Hoppenrade) und die ackerbauliche Nutzung höher liegender Flächen zu Störungen der Gewässerstruktur und des Arteninventars der Nebel. Die Artenvielfalt und die Ausdehnung der auf Durchströmungsmoorstandorten vorkommenden Feucht- und Nasswiesen sind sowohl durch Entwässerung als auch durch Nutzungsauflassung rückläufig. Ebenso herrschen in einigen Wäldern des Schutzgebietes Nadelbaumforsten vor. Das Entwicklungsziel besteht darin, die weitgehend ungestörte Entwicklung eines größeren Abschnittes des Nebeltales zu ermöglichen. Aufgrund der außerordentlich kritischen Bestandssituation in Deutschland sind besondere Schutzmaßnahmen für die Bachmuschel notwendig. Derzeit wird ein Artenhilfsprogramm entwickelt, in dem auch für die Nebel konkrete Maßnahmen zur Stabilisierung der Bestände vorgeschlagen werden. Ebenso ist es notwendig, die zum Teil tief entwässerten Durchströmungs- und Quellmoore im Talraum durch Verschluss von Gräben und anderer Entwässerungsanlagen wiederzuvernässen. Notwendig ist auch die Senkung des Stoffeintrages aus landwirtschaftlich genutzten, angrenzenden Bereichen. In Teilen des Gebietes ist ein schrittweiser Waldumbau vorgesehen.

Das Gebiet ist durch mehrere Straßen und Wege gut erreichbar. Das ausgebaute Wegenetz eignet sich hervorragend für Wanderungen und Radtouren. Touristische Anziehungspunkte bilden die Wassermühle Kuchelmiß mit einem regionalen Museum und das daran anschließende, überregional bekannte Durchbruchstal der Nebel nördlich des Krakower Sees.

 

 

 

 

Quelle: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): „Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern“, Schwerin, Demmler Verlag 2003, 720 S. – ISBN 978-3-910150-52-2. Mit freundlicher Genehmigung © Demmler Verlag

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