Untergebiete Stiftungsflächen

Ehemaliges NSG Sudeniederung zwischen Boizenburg und Besitz

G3 BR Flusslandschaft Elbe Mecklenburg-Vorpommern

Die vier aneinander grenzenden Schutzgebiete „Bollenberg bei Gothmann“, „Elbdeichvorland“, „Krainke von der Quelle bis Mündung in die Sude“, „Sudeniederung zwischen Boizenburg und Besitz“ umfassen einen Abschnitt der Elbe und des Elbdeichvorlands zwischen der Landesgrenze zu Niedersachsen bei Soltow und der heutigen Sudemündung bei Boizenburg, weiterhin die Sude mit ihrer Niederung aufwärts bis zur Landesgrenze zu Niedersachsen mit dem Unterlauf der Krainke zwischen Besitz und Preten sowie den bis auf 21 m NN aufragenden Binnendünenkomplex „Bollenberg“ östlich von Gothmann. Die Schutzgebiete gehören zur Landschaftseinheit „Elbetal“. Die Schutzgebiete waren Teil des Naturparks „Mecklenburgisches Elbetal“. Seit der Verabschiedung des „Gesetzes über das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe Mecklenburg-Vorpommern“ am 15.01.2015 gehören sie zum Biosphärenreservat.

Die Schutzgebiete liegen im Urstromtal der Elbe. Die oberflächennahen Bodenschichten sind den Auelehmen und Fluss- bzw. Schmelzwassersanden (Tal- und Beckensande) zuzuordnen, die nur im Bereich der Schaalemündung bei Blücher durch nennenswerte Niedermoortorfe überlagert werden. Der Bollenberg ist eine mächtige Binnendüne. Das Gebiet befindet sich im Rückstaubereich der Elbe und wird deshalb vom Elbhochwasser periodisch überflutet. Hiervon ausgeschlossen sind die eingedeichten Flächen, in denen Grund- und Qualmwasser die Bodenfeuchte bestimmen.

Der Bollenberg (auch Bollberg genannt) bei Gothmann wurde bereits in frühgeschichtlicher Zeit von Menschen besiedelt, da er einerseits Schutz vor Überflutungen bot, andererseits einen unmittelbaren Zugang zur Elbe ermöglichte. Noch vor 200 Jahren mündete hier die Sude in die Elbe, wie die WIEBEKINGSCHE KARTE von 1786 belegt. Auf dem Bollenberg lebten Raubritter, die Handelsschiffe auf der Elbe überfielen. Ihre Burg „Castrum Wotmunde“ wurde 1214 von Truppen des dänischen Königs Waldemar II. erobert und zerstört. An mehreren Stellen ist versucht worden, die Düne aufzuforsten. In Teilen wurde sie auch bis etwa 1960 beweidet. Danach fanden keine Nutzungen mehr statt, da die Gebiete im innerdeutschen Grenzsicherungsstreifen lagen. Die Elbe und auch die Sude mit der zufließenden Schaale wurden bereits früh als Schifffahrtswege genutzt. Belegt ist dabei der zwischen Lüneburg und Lübeck vom Mittelalter bis etwa 1830 dauernde Salz- und Brennholzhandel. Zum Schutz vor Hochwasser wurde eine erste durchgehende Deichlinie entlang der Elbe bereits im 13. Jahrhundert errichtet. Diese Verwallungen wurden immer wieder bei Hochwasser durchbrochen, danach verstärkt und teilweise um die entstandenen Kolke (Bracks) herumgeführt. In den letzten beiden Jahrhunderten erfolgten zur tieferen Entwässerung mehrfach Begradigungen und Laufverlängerungen von Schaale, Krainke und Sude. Der Deichbau an der Sude wurde mit großem Aufwand in den 1960er Jahren nach dem Bau der Staustufe in Geesthacht oberhalb Hamburgs durchgeführt. Bei den jüngsten Deichsanierungen 1996 – 1998 kam es erstmalig auch zur Rückverlegung der Deichlinie bei Besitz. Dort, wo keine natürliche Vorflut gegeben war, wurden Gräben angelegt und Schöpfwerke gebaut. Auch der Buhnenbau zur Wasserregulierung der Elbe hat eine lange Geschichte. Der Ausbau erfolgte in mehreren Stufen (1840er Jahre, 1880 bis 1888, 1894 bis 1910, 1930er Jahre). Zwischen 1945 und 1990 sind entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze die Unterhaltungsmaßnahmen im Elbebereich deutlich verringert worden.

Der Bollenberg ist heute bis auf Magerrasenreste mit lockerem bis dichten Baumbewuchs bestockt. Es dominieren Wald-Kiefer, Stiel-Eiche und Hänge-Birke, stellenweise breitet sich die Zitter-Pappel stark aus. Die Magerrasen beherbergen als bemerkenswerte Arten Blaues Schillergras, Dünen-Schwingel und Astlose Graslilie sowie eine Reihe seltener Moosarten wie Climacium dendroides und Racomitrium canescens und Flechtenarten wie Cladonia foliacea und Stereocaulon condensatum. In der Sude- und Krainke-Niederung wechseln in dynamischer Folge Röhrichte, Riede, Staudenfluren, Nass- und Feuchtgrünland, Auengrünland, Flutrasen, Feuchtgebüsche und Weichholzauenreste mit dazwischenliegenden Altwässern und Kleingewässern ab. Typische Arten des Auengrünlandes sind Sumpf-Brenndolde, Gelbe Wiesenraute, Drüsiges Hornkraut und Fuchs-Segge. Auf den offenen Wasserflächen der zumeist träge fließenden Sude, den Altwässern und Bracks siedeln See- und Teichrosen-Schwimmblattoder Laichkraut-Tauchblattfluren. Neben der seltenen Krebsschere ist der Seekannenbestand im Brandschen Brack bei Groß Timkenberg bemerkenswert. Entlang der Altwässer treten regelmäßig Schlankseggenriede und Kleinröhrichte in Erscheinung. Südwestlich von Blücher sind stellenweise schmale Salzteichsimsenröhrichte ausgebildet, an die sich auf mesotrophen Standorten Feuchtwiesen mit Faden-Binse, Hirse-Segge, Sumpf-Läusekraut und Flachem Quellried anschließen. Auch Uferstaudenfluren mit Sumpf-Greiskraut, Sumpf-Wolfsmilch und Lanzett-Froschlöffel kommen vor. An offenen Uferstellen der Krainke wurde das Kleinblütige Schaumkraut gefunden. Im Uferbereich der Flüsse dominiert das Rohrglanzgrasröhricht. In den offenen Flussuferfluren und Staudensäumen des Elbvorlandes treten als stromtaltypische Arten Langblättriger Blauweiderich, Hirschsprung, Strahlender Zweizahn, Liegendes Fingerkraut, Katzenschwanz, Elb-Spitzklette, Spießblättriges Helmkraut und das in Ausbreitung befindliche Große Büchsenkraut auf. Ein Neufund für Mecklenburg-Vorpommern aus der Gruppe der Moose (Fissidens gymnandrus) gelang unlängst den Moosfloristen. Entlang der Flüsse, Altarme und Altwässer haben sich zahlreiche Weichholzauenwaldinitialen mit Korb-Weide, Mandel-Weide, Grau-Weide, Silber-Weide, Bruch-Weide und Schwarz-Pappel entwickelt. Die Gebüschstadien können dabei dem Mandelweiden-Korbweiden-Weichholzauengebüsch, größere Gehölzpartien, wie z. B. bei Bandekow und Besitz, dem Silberweiden-Weichholzauenwald bzw. dem Schwarzpappel-Silberweiden-Weichholzauenwald zugeordnet werden. Für die Sudeniederung und das Elbdeichvorland sind artenreiche Brutvogelgemeinschaften des binnenländischen Feuchtgrünlands, der Röhrichte, der Großseggenriede und der Weidenwälder (Weichholz-Auendickichte) charakteristisch. Über 80 Brutvogel- und etwa 100 Rastvogel- oder Durchzüglerarten nutzen die Teilgebiete mehr oder weniger regelmäßig. Im Auengrünland brüten u. a. Großer Brachvogel und Kiebitz, in den Feuchtwiesen Wachtelkönig, Kranich, Knäkente, Löffelente, Wachtel, Bekassine, Rotschenkel und Braunkehlchen sowie in den Röhrichten Rohrdommel, Tüpfelralle und Rohrschwirl. Im vegetationsarmen Spülsaum der Elbe sind Flussuferläufer und Flussregenpfeifer seltene Brutvögel. Die Niederungsgebiete sind zur Herbst- und Frühjahrszugzeit ein bedeutender Rast- und Schlafplatz für nordische Gänse- und Schwanenarten. So rasten hier bis zu 1 500 Zwergschwäne, 600 Singschwäne und 3 000 Saatgänse. An den schlammigen Ufern der Alt- und Kleingewässer finden Limikolen, wie z. B. Dunkler Wasserläufer, Rotschenkel, Grünschenkel, Bruchwasserläufer und Kampfläufer, optimale Lebensbedingungen. Die zusammenhängenden Röhrichte stellen für Enten und insbesondere für verschiedene Kleinvogelarten (u. a. Stare, Schwalben) wichtige Schlafplätze dar. Im Gebiet der Binnendüne Bollenberg brüten etwa 50 Vogelarten, darunter auch Heidelerche, Hohltaube und Steinschmätzer. Regelmäßig werden die Niederungen entlang der Fließgewässer von Elbebiber und Fischotter genutzt, wobei letzterer hier in Mecklenburg-Vorpommern seine westliche Verbreitungsgrenze erreicht. Aus der Gruppe der Amphibien ist das Vorkommen von Seefrosch, Rotbauchunke und Kammmolch erwähnenswert. Elbe und Sude weisen eine arten- und individuenreiche Fischfauna auf, darunter stromtaltypische Arten wie Zope und Rapfen. Seit dem Bau einer Fischaufstiegsanlage an der Elbe in Geesthacht bei Hamburg 1997/98 wandern wieder vermehrt Flussneunauge, Stint, Meerforelle und Quappe in die Elbzuflüsse. Vom Meerneunauge ist bisher ein Totfund in der Sude bestätigt (HAMANN mdl. Mitt.). Von den seit 1993 in einem Nebenbach des Sudeeinzugsgebietes ausgewilderten Lachsen gelang bisher noch kein Rückfang laichreifer Tiere. Auf dem Bollenberg sind artenreiche Heuschreckengemeinschaften mit Gestreifter Zartschrecke, Rotleibigem und Steppen-Grashüpfer sowie Warzenbeißer zu finden. In Qualmwässern des Poldergebietes Blücher-Besitz wurden die urzeitlichen Krebstiere Kiemenfuß und Schuppenschwanz nachgewiesen.

Der Zustand des Gesamtgebietes ist befriedigend. Der Bollenberg bei Gothmann bietet noch einer Reihe typischer Dünen- und Magerrasenarten ansprechende Lebensbedingungen. Gezielte Gehölzentnahmen sollen einer weiteren Einwanderung von Gehölzen in die Offenlandbiotope vorbeugen. Der Zustand der Sude- und Krainke-Niederung ist zur Zeit unbefriedigend, da das Gebiet weitgehend vom Hochwassergeschehen der Elbe ausgeschlossen und die Auendynamik nur noch eingeschränkt wirksam ist. Überflutungen im Gebiet werden ausschließlich durch Rückstau aus dem Sude-Einzugsgebiet verursacht. Längerfristig besteht das Entwicklungsziel darin, durch Umverlegung und teilweise Öffnung von Deichanlagen wieder Überflutungen im natürlichen Überschwemmungsbereich der Elbe zuzulassen. Während die dann seltener vom Hochwasser erreichten Teile der Aue nach wie vor als Grünland genutzt werden könnten, sollten die häufiger überfluteten Bereiche einer natürlichen Entwicklung überlassen werden. In einem Teilgebiet (Flutpolder Blücher) soll u. a. der Unterlauf der Schaale teilweise in das alte Flussbett rückverlegt sowie die Überflutungshäufigkeit für den etwa 320 ha großen Polder erhöht werden. Das von der EU und dem Land Mecklenburg-Vorpommern geförderte Vorhaben soll bis 2003 umgesetzt werden. Vorgesehen ist es, die vier Schutzgebiete zusammenzufassen.

Von der Ortschaft Gothmann südlich von Boizenburg sind sowohl die Binnendüne „Bollenberg“ mit einer Informationstafel als auch über eine Sudebrücke der Elbdeich mit schönen Aussichten auf die Elbe-Sudeniederung zu erreichen. Auch der Polder Blücher-Besitz ist am besten von den umgebenden Straßendeichen einzusehen. Einen Überblick ermöglicht auch ein Aussichtspunkt bei Boizenburg-Vier, wo die Naturparkverwaltung Mecklenburgisches Elbetal u. a. mit einer Ausstellung Informationen bereithält.

Quelle: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): „Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern“, Schwerin, Demmler Verlag 2003, 720 S. – ISBN 978-3-910150-52-2. Mit freundlicher Genehmigung (c) Demmler Verlag

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Karte mit freundlicher Genehmigung (c) Demmler Verlag

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