Untergebiete Stiftungsflächen

NSG Altwarper Binnendünen, Neuwarper See und Riether Werder

G6 NP Am Stettiner Haff

Schutz und Erhalt einer Küstenlandschaft am Oderhaff, in der auf Grund der Störungsarmut eine Vielzahl seltener Lebensräume mit zahlreichen bedrohten Pflanzen- und Tierarten erhalten blieb; Schutz und Erhalt einer Binnendünenlandschaft; Sicherung und Wiederherstellung der Insel Riether Werder als Brutgebiet für Küstenvögel.

Das Schutzgebiet, das den westlichen Teil des Neuwarper Sees mit einem nach Westen und Süden anschließenden, z. T. dünenbesetzten Niederungsgürtel des Festlandes und die Insel Riether Werder umfasst, befindet sich im Bereich des ehemaligen Haffstausees. Zum Ende der Weichsel-Kaltzeit stauten sich hier die aus dem Uecker- und Randowtal zufließenden Schmelzwässer über eine Länge von ca. 35 km vor dem auf der Linie Usedom-Wolgast nach Westen verlaufenden Eisrand der Velgaster Staffel, bevor sie mit dessen Abschmelzen in die Ostsee abfließen konnten. Die meist feinkörnigen, mächtigen Beckensande dieses Stausees finden sich auf einer Terrasse im Niveau von etwa 1 bis 5 m NN an der Nordwest-Grenze des Schutzgebietes auf der Halbinsel Altwarp sowie auf kleineren Flächen der Insel Riether Werder. Durch äolische Umlagerungen der nach dem Abfluss der Schmelzwässer trocken gefallenen Beckensande kam es auf der Halbinsel Altwarp zu den wohl bedeutendsten Dünenaufwehungen des Haffstauseegebietes. Im Gebiet verläuft von Altwarp nach Süden durch die Niederung bis an den Neuwarper See eine Kette von bis zu 15 m hohen Einzeldünen und Dünengruppen, die unmittelbar südlich von Altwarp vegetationsfrei, sonst aber überwiegend mit Laub- und Kiefernwald bedeckt sind. Den Hauptteil des Schutzgebietes nimmt der etwa 1 km breite Überflutungsmoorgürtel im Südosten der Halbinsel zum Neuwarper See ein, der aus Niedermoortorf mit Mächtigkeiten meist über 2 m besteht. Geringere Torfmächtigkeiten zeigen der auch schmalere Überflutungssaum der Südküste sowie des Riether Werders. Da große Teile der Uferregion nur wenig höher als das Mittelwasser des Haffs liegen, werden sie regelmäßig überflutet. Der Neuwarper See stellt eine flache Toteishohlform dar, die im Zuge der Litorina-Transgression der Ostsee vor ca. 6 000 Jahren überflutet wurde und seitdem mit dem Oderhaff verbunden ist. Eingedeicht sind Polderflächen bei Rehhagen (15,5 ha) und bei Riether Stiege (313,5 ha), die durch 3 Pumpwerke entwässert werden. Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde auch die Insel Riether Werder eingedeicht und mit Hilfe eines Windkraftschöpfwerkes entwässert. Bei Rehhagen im Süden des Naturschutzgebietes verbindet ein Stichkanal eine ausgetorfte, wassergefüllte Senke mit dem Neuwarper See. Die Südgrenze des Schutzgebietes wird vom Teufelsgraben, einem Abfluss des Ludwigshofer Sees, gebildet, der hier in den Neuwarper See mündet.

Mitte des 19. Jahrhunderts war die Insel Riether Werder bewohnt, und es wurde eine „Melkerei mit 36 Haupt Rindvieh unterhalten“. Seit Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts wird sie als Weidefläche für Jungrinder genutzt, seit 1992 weiden außerdem ganzjährig 15 bis 25 Schafe (Skudden) auf der Insel. Die auf den SCHMETTAUSCHEN KARTEN von 1780 dargestellten Waldflächen auf der Halbinsel Altwarp wurden im 18. Jahrhundert aufgeforstet, nur die Wälder auf der Seeseite der ersten Dünenstaffel und die Erlenbruchwälder dürften spontan aufgewachsen sein. Seit den 1930er Jahren wurden die Wälder und besonders die Dünen als militärisches Übungsgelände genutzt. 1990 wurde der Übungsbetrieb eingestellt. Ein Großteil der Haffwiesen wird extensiv bewirtschaftet.

Bei Altwarp sind die offenen Dünenzüge mit Silbergras-Pionierfluren und Thymian-Schafschwingelrasen bedeckt. Bemerkenswert ist hier das häufige Vorkommen der Kartäuser-Nelke. Andere seltene Arten dieses Lebensraumes sind die Rispen-Flockenblume, das Mittlere Vermeinkraut, der Berg-Haarstrang, das Blaugrüne Schillergras und das Steppen-Lieschgras. Weiter südlich und westlich stockt auf den Dünen ein lockerer, schwachwüchsiger thermophiler Eichen-Niederwald. Kiefern und Espen sind nur vereinzelt eingestreut. Auf den küstenfernen niedrigen Dünen im Westen des Schutzgebietes dominieren geschlossene Kiefernforsten. Eingestreut existieren hier in versumpften Senken kleine Sauer-Zwischenmoore u. a. mit dem Schmalblättrigen Wollgras, Wassernabel und Torfmoosen. Dagegen treten auf der küstennächsten Dünenreihe neben den dominierenden Stiel-Eichen auch Sand-Birken, Espen, Haselsträucher und lockere Kieferngehölze mit hochwüchsigen Wacholdern auf. In den Waldsäumen wachsen Pech-Nelke, Blut-Storchschnabel, Hain-Wachtelweizen, Weiße Schwalbenwurz und andere Wärme liebende, seltenere Arten. Zum Neuwarper See hin liegen südlich von Altwarp vor den Dünen ausgedehnte seggen- und binsenreiche Nasswiesen (Wassergreiskraut- und Kohldistelwiesen). Hier wachsen auch Breitblättriges Knabenkraut, Kuckucks-Lichtnelke, Strand-Dreizack und zahlreiche Seggenarten. Die Nasswiesen gehen in einen breiten ungestörten Verlandungssaum über, der von ausgedehnten Schilfröhrichten gebildet wird. Weiter nach Süden treten die Dünen in einem großen Bogen immer dichter an das Seeufer heran, bis der Charakter einer Steilküste entsteht, die unmittelbar in den Röhrichtsaum des Neuwarper Sees übergeht. Danach laufen die Dünen in Küstennähe aus. Hier schließen sich an den Röhrichtsaum teilweise kilometerbreite Niederungsgürtel mit Küstenüberflutungsmooren an, die stellenweise die Dünen umfassen. Teils sind sie mit Erlenbruchwäldern (mit Königs-Rispenfarn) bestockt, die sich in forstlicher Nutzung befinden, teils werden sie als Wassergreiskrautwiesen extensiv landwirtschaftlich genutzt. Die wenigen Polderflächen sind in artenarme, intensiv genutzte Grünlandstandorte umgewandelt worden. Die Insel Riether Werder setzt sich aus einem Mineralhügel im Südosten des Gebietes und einer eingedeichten und meliorierten Moorsenke zusammen, die den größten Teil der Insel einnimmt. Die Wasserführung wird derzeit so geregelt, dass ganzjährig Wasserblänken im moorigen Zentralteil der Insel vorhanden sind. Auffallend sind hier ausgedehnte Kalmusbestände. Als Leitart der offenen Binnendünenbereiche ist die Kerbameise Formica (Coptoformica) foreli zu nennen. Diese Wärme liebende Art zählt zu den bundesweit vom Aussterben bedrohten Tieren und siedelt an diesem Standort in einer für Mitteleuropa einzigartigen Populationsgröße (2 550 Nestern in 18 Nestarealen). Die wärmeexponierten blütenreichen Magerrasen und besonders die thermophilen Eichen-Niederwälder sind Lebensraum einer reichen Schmetterlingsfauna mit so seltenen Arten wie dem Braunfleckwidderchen und auch dem Gebänderten Eichenbärchen, die hier in Mecklenburg-Vorpommern ihr letztes Refugium haben. Auf dem Berg-Haarstrang sind die Streifenwanze und der Bockkäfer Strangalia attenuata zu finden. Ebenso besiedeln zahlreiche xerophile und xerobionte Laufkäferarten, z. B. Harpalus neglectus und Cymindis angularis, die Trockenrasen und offenen Dünenabschnitte, wo auch elf in Deutschland gefährdete, davon zwei vom Aussterben bedrohte Grabwespenarten vorkommen. Die Gebüschgruppen und Hecken am Dünenrand werden vom Neuntöter und der Sperbergrasmücke bewohnt. In den lockeren, mit Dünengräsern durchsetzten Dünenkiefernwäldern gibt es noch den Walker, einen der größten und seltensten Blatthornkäfer Mecklenburg-Vorpommerns. Im Gebiet brütet der Seeadler. In den adlerfarnreichen Kiefernwäldern sind seltene Schmetterlinge wie die Adlerfarn- Eule und der Kiefern-Prozessionsspinner zu finden. In den seggen- und binsenreichen Nasswiesen kommen z. B. Schmetterlinge wie Gelbbein und Striemen- Schilfeule, der Ufer-Laufkäfer sowie weitere sehr seltene Laufkäferarten vor. Hier brüten u. a. Bartmeise, Bekassine, Drosselrohrsänger, Karmingimpel, Rohrschwirl und der Schilfrohrsänger. In den Erlenbruchwäldern brüten mehrere Kranichpaare. Der sehr seltene osteuropäische Laufkäfer Limodromus krynickii ist hier ebenfalls verbreitet. Im Bereich der Zuflüsse zum See siedelt eine stabile Fischotterpopulation. In der mehrere Hundert Brutpaare umfassenden Lachmöwenkolonie auf dem Riether Werder nisten neben einigen Silbermöwenpaaren bis zu 15 Flussseeschwalbenpaare. Als Schnepfenvögel sind Bekassine, Kampfläufer, Rotschenkel, Uferschnepfe und Kiebitz zu erwähnen, die im feuchten zentralen Teil des Werders brüten. In wenigen Paaren nisten auf der Insel Krick-, Knäkund Löffelente sowie die Brandgans. Der sehr seltene Seefrosch bewohnt die Gräben, und ein sehr seltener Laufkäfer (Amara anthobia) wurde mehrfach auf dem Mineralhügel gefunden. Bedeutsam ist die Insel ferner als Rast- und Durchzugsgebiet für zahlreiche Wasservögel. Der Seeadler ist regelmäßiger Nahrungsgast mit maximal 24 beobachteten Exemplaren.

Der Zustand des Gebietes ist gut. Hervorzuheben ist die Störungsarmut, die in Verbindung mit der landschaftlichen Vielfalt das Gebiet auszeichnet. Problematisch ist allerdings derzeit noch die Gewässergüte im Neuwarper See. Ebenso sind die Moorflächen in den eingedeichten Gebieten schwer geschädigt. Bedroht werden die Magerrasen auf den Dünen durch das Vordringen des Land- Reitgrases sowie die Ausbreitung von Gehölzen. Auf die weitere Aufforstung von Offenflächen im NSG mit Kiefern muss verzichtet werden. Die Polderflächen bei Rehhagen sind bereits zu 40 % von der Stiftung für Umwelt und Natur mit dem Ziel aufgekauft worden, durch Rückbau des Deiches wieder eine freie Vorflut zu ermöglichen. In gleicher Weise sollen auch der Polder Riether Stiege und die Insel Riether Werder hydrologisch umgestaltet werden. Zum Erhalt der heute noch waldfreien Dünen bei Altwarp sind regelmäßige Bodenverwundungen notwendig. Nicht genutzte Offenflächen sind der Sukzession zu überlassen.

Von zwei Stellen in der Ortschaft Altwarp aus führt ein beschilderter Wanderweg durch das Dünengelände bis zum Friedhof für im 2. Weltkrieg gefallene sowjetische Soldaten, der sich im Schutzgebiet befindet. Weitere Wege werden durch die Land- und Forstwirtschaft unterhalten und auch vom Bundesgrenzschutz genutzt. Sie sind für Besucher nicht erschlossen. In Rehhagen steht unmittelbar am Ufer des Neuwarper Sees eine Beobachtungskanzel für Wanderer und Naturfreunde, die einen herrlichen Ausblick auf die Küstenregion ermöglicht. Von Rehhagen bis nach Rieth führt an der Grenze des Schutzgebietes entlang ein befestigter Rad- und Wanderweg. Der Hafen der Insel Riether Werder ist wie die ganze Insel für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Quelle: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): „Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern“, Schwerin, Demmler Verlag 2003, 720 S. – ISBN 978-3-910150-52-2. Mit freundlicher Genehmigung (c) Demmler Verlag

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