Untergebiete Stiftungsflächen

NSG Peenemünder Haken, Struck und Ruden

G5 NP Insel Usedom

Das Schutzgebiet befindet sich im Mündungsbereich des Peenestroms, einbezogen sind auch Teile des Greifswalder Boddens. Der größte Teil der Landflächen des Schutzgebietes liegt nur wenige Dezimeter über dem Meeresspiegel. Im Gebiet grenzen die Landschaftseinheiten „Südlicher Greifswalder Bodden“, „Insel Usedom“ und „Peenestrom“ aneinander.

Der Peenemünder Haken sowie die Inseln Struck und Ruden sind als holozäne Strandwallbildungen im Zuge der Litorina-Transgression entstanden. Auf den ältesten Strandwallfächern im Norden der Insel Usedom existieren Braundünen. Während diese Dünenzüge durch torferfüllte Senken (Riegen) unterbrochen werden, schließt sich nach Osten ein parallel zur Küstenlinie verlaufender geschlossener Gürtel der jüngeren Gelbdünen an. In der Nähe der Küstenlinie befinden sich kuppige Graudünen. Im NW und N des Hakens existiert ein Küstenüberflutungsmoor. Infolge einer vom Nordostrand ausgehenden Anlandung in Richtung Norden entstehen an der Nordspitze Usedoms Meeressandinseln. Die Insel Struck entstand wie die Freesendorfer Wiesen durch die Akkumulation von Sanden, die am Steilufer der Lubminer Heide abgetragen und mit dem Küstenstrom nach NO transportiert wurden. Hier bildeten sie eine etwa bei 1 m unter NN liegende Schaar, auf der sich eine mehr als 1 m mächtige Salztorfauflage entwickelte. Die im Überflutungsbereich liegenden Flächen sind durch zahlreiche Priele und kleine Wasserflächen gegliedert. Durch Sturmhochwasser entstand an der Nordküste ein System von bis zu 2,5 m hohen Strandwällen, die zum Teil wieder abgetragen wurden. Erhalten blieb hier ein fossiles Kliff. Jüngere, im NO überdünte Strandwälle verlaufen entlang der rezenten Küste. Im Vorland des Strucks entwickelte sich ein Windwatt mit einer geringmächtigen Schlickauflage. Der Freesendorfer See ist durch Rinnen mit der Spandowerhagener Wiek und dem Greifswalder Bodden verbunden. Die Insel Ruden wird von mindestens 10 m mächtigen Strandwällen gebildet. Diese aus marinen Sanden aufgebauten Strandwälle wurden während der Litorina-Transgression auf der pleistozänen Boddenrandschwelle abgelagert. Auf den Strandwällen sind 4 – 6 m hohe Kuppendünen aufgeweht. Flache submarine Bänke, die sich vom Struck und vom Peenemünder Haken aus weit nach Norden erstrecken, werden durch tiefe natürliche (das „Loch“) und künstliche (Fahr-)Rinnen voneinander und von der Insel Ruden getrennt.

Die Nutzungsgeschichte des Gebietes lässt sich anhand von Archivalien bis in das 14. Jh. zurück verfolgen. Der Wald im Peenemünder Teil wurde durch die Stadt Wolgast genutzt. Die Beweidung des Salzgraslandes im Peenemünder Bereich, der sogenannten Großen Strandwiese, wurde mit der Etablierung der Waffenforschung in Peenemünde nach 1936 aufgegeben. Die dort entstandenen großen Schilfflächen wurden bis etwa 1985 zur Rohrwerbung gemäht. Für die Freesendorfer Wiesen und den Struck sind seit dem 17. Jh. Entwässerungsgräben belegt. Mit der Eindeichung (1974/75) und der Anlage von breiten und tiefen Entwässerungsgräben 1983 wurde das Gebiet weitgehend vom Boddenhochwasser ausgeschlossen. Der Eichenbestand des Strucks unterlag seit jeher wohl weitgehender Schonung (Eichenmast). Ende des 17. Jh. war die Insel Ruden nach Norden um etwa das Doppelte größer, wie die SCHWEDISCHE MATRIKELKARTE von 1694 belegt. Wegen der erheblichen Landverluste wurde 1877 der Nordteil der Insel von einer massiven Schutzmauer umgeben. Die damit ausbleibende Sedimentzufuhr für den schmalen, 1,2 km langen Haken im Süden der Insel führte zu Abbrucherscheinungen, so dass auch dieser 1906 durch ein Längswerk befestigt werden musste. Teile des Gebietes wurden bereits 1925 unter Naturschutz gestellt.

Etwa ab 2 m Wassertiefe sind im Bodden Seegraswiesen anzutreffen, während in den flacheren Zonen Kammlaichkraut-Strandsaldenrasen mit Kamm-Laichkraut, Strand-Salde sowie Sumpf-Teichfaden und Armleuchteralgen große Bestände bilden. Insbesondere in den Flachwasserbereichen des Freesendorfer Hakens waren in den letzten 25 Jahren drastische Vegetationsveränderungen festzustellen. Während zwischen 1970 und 1980 noch flächendeckende, im Spätsommer kaum zu durchdringende Kammlaichkraut-Strandsaldenrasen vorgefunden wurden, waren Ende der 1980er Jahre weite Flächen nahezu vegetationslos. In den letzten Jahren ist eine Wiederbesiedlung der Flachwasserzonen festzustellen. Im Gegensatz zum Freesendorfer Haken waren die Flachwasserbereiche am Peenemünder Haken offenbar schon immer weitgehend vegetationslos. Grund hierfür sind stärkere Wasserbewegungen in Verbindung mit einem erheblichen Sedimenttransport und Neulandbildung. Die Sandinseln des Peenemünder Hakens sind, abhängig von den winterlichen Eisverhältnissen, jährlich unterschiedlich mit Schilf, Strand-Simse und Tataren-Lattich bewachsen. An geschützten Ufern im Bereich der Nordspitze Usedoms entwickelten sich Röhrichtflächen, zum Teil als typische Brackröhrichte, mit Strand-Simse und Salz-Aster. Nach Aufgabe der Weidenutzung haben sich Schilfröhrichte auch wieder großflächig auf den angrenzenden Landflächen ausgebreitet. Die sich dem Peenemünder Haken landseitig anschließenden fächerartigen Strandwälle sind in den vermoorten Senken mit Erlenbruchwäldern und auf den hoch liegenden Flächen mit sehr alten Eichen- und Buchenbeständen bestockt. Die Insel Struck wird von beweideten Salzrasen geprägt. In den tief liegenden Bereichen (bis ca. 0,4 m NN) sind halophile Arten wie Strand-Sode, Flügelsamige Schuppenmiere, Weißes Straußgras und Salz-Binse anzutreffen. Die höher liegenden Bereiche werden von salzbeeinflussten Magerrasen mit Wiesen-Flockenblume, Rot-Straußgras, Weißem Straußgras, Gänse-Fingerkraut, Sand-Segge und Gemeiner Grasnelke eingenommen. Auf den älteren, 1 – 2 m NN liegenden Strandwällen des Strucks stockt ein Birken-Eichenwald als Hudewald, wobei ca. 75 % der Stiel-Eichen abgestorben oder krank sind. Außerhalb des Waldes existieren auf den Strandwällen des Strucks Wacholdergebüsche. Insbesondere an der Spandowerhagener Wiek haben sich auf Aufspülungsflächen vorwaldartige Sanddornbestände eingefunden. Auf den Dünen des Rudens stockt ein Dünenkiefernwald forstlichen Ursprungs. Die Schlickauflagen im tieferen Wasser sowie die Übergangsregionen zum Sandgrund werden von der Essbaren Herzmuschel, Baltischer Plattmuschel, Sandklaffmuschel und Miesmuschel sowie vom Meeresringelwurm, Borstenwürmern (z. B. Streblospio shrubsolii) und Schlickkrebschen besiedelt. Der Sandgrund selbst wird ebenfalls von den aufgeführten Muscheln sowie häufig von Vielborstern wie Pygospio elegans und Nereis diversicolor bewohnt. Auf der unmittelbaren Sandoberfläche leben Nordseegarnelen, Grundeln, Flundern und verschiedene Muschelkrebse. Die Flachwasserbereiche mit submersen Pflanzenbeständen werden u. a. von Hering, Flunder, Hornhecht, Aal, Hecht und Zander besiedelt. Die Avifauna des Gebietes umfasst etwa 120 Brutvogelarten und etwa 250 Gastvogelarten. Überragende Bedeutung kommt dem Schutzgebiet als Wasservogelrastplatz zu. Besonders kopfstarke Rastbestände erreichen Kormoran, Höckerschwan, Blässgans, Graugans, Pfeifente, Krickente, Stockente, Bergente, Eisente und Blässralle. An der Nordspitze Usedoms existiert eine Kormorankolonie. Die früher stabilen Bestände von Kiebitz, Alpenstrandläufer und Rotschenkel sind stark zurückgegangen. In den letzten Jahren war für Enten und Wiesenbrüter ein nahezu völliger Reproduktionsausfall zu verzeichnen. Die einzigen Brutvorkommen weniger Paare von Sturm- und Silbermöwen befinden sich derzeitig auf dem Ruden sowie auf einer ehemaligen Flugsicherungsanlage im Greifswalder Bodden. Das Schutzgebiet ist Brut- und Nahrungsplatz des Seeadlers. Im Winter kann es zu Ansammlungen von mehr als 20 Adlern kommen. Von den Säugetieren sind Wasserfledermaus, Abendsegler und Breitflügelfledermaus hervorzuheben. Bemerkenswert sind auch das Vorkommen des Fischotters am Freesendorfer See und das gelegentliche Auftreten einzelner Kegelrobben im Gebiet. Nach dem Fuchs ist der Marderhund der häufigste Raubsäuger im Gebiet. Erd- und Kreuzkröte sowie Grünfrösche sind häufig, auch Gras- und Moorfrosch kommen vor. Während Zaun- und Waldeidechsen alle Gebietsteile besiedeln, wurden Blindschleichen bislang nur im Usedomer Teil des NSG angetroffen. Seit langem bekannt sind auch die Kreuzottervorkommen auf dem Struck.

Der Zustand des Peenemünder Hakens und des Rudens sowie der umgebenden Flachwasserbereiche des Schutzgebietes ist gut. Die Nordspitze der Insel Usedom und die angrenzenden Flachwasserbereiche unterliegen einer weitgehend ungestörten Entwicklung. Der Zustand der Freesendorfer Wiesen und des Strucks ist dagegen nur befriedigend. Die ehemals guten Limikolen-Brutbestände der Salzwiesen sind infolge unzulänglicher Bewirtschaftung und gravierender Prädatoreneinflüsse drastisch gesunken, der zeitweise gute Bestand des Seggenrohrsängers ging verloren. Die Küstendynamik ist im Bereich der Südküste des Greifswalder Boddens durch die Mole des Kühlwasserkanals des ehemaligen Kernkraftwerks Lubmin gestört. Ebenso führte die Anlage und Vertiefung von Fahrrinnen zu Störungen des Sedimenttransportes. In allen Gebietsteilen haben die Störungen durch Erholungsaktivitäten deutlich zugenommen. Zur Sicherung der Bruthabitate der Wiesenbrüter sind eine extensive Beweidung des Salzgrünlandes sowie effektive Bestandsregulierungen der Raubsäuger notwendig.

Die Wasserfläche des Schutzgebietes ist Bundeswasserstraße und wird fischereilich genutzt. Die Sandbänke und Inseln des Peenemünder Hakens, die Insel Struck und die Freesendorfer Wiesen sind für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Einen guten Einblick in die Vielfalt des aquatischen Lebensraumes des Schutzgebietes kann der Besucher durch eine Schiffsfahrt von Peenemünde, Kröslin oder Wolgast um die Insel Ruden gewinnen, wobei besonders die spätsommerlichen Wasservogelansammlungen beeindruckend sind. Seit Mai 2007 ermöglicht ein Rundweg, ausgehend von Peenemünde über Karlshagen, von ca. 22 km Länge mit Informationstafeln das Erleben eines Teils dieser einzigartigen Landschaft.

Quelle: Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): „Die Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern“, Schwerin, Demmler Verlag 2003, 720 S. – ISBN 978-3-910150-52-2. Mit freundlicher Genehmigung (c) Demmler Verlag

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